Historische Aufgaben und Lösungen zur Stochastik mit Simulationen
1. Das Problem des Chevalier de Meré
Blaise Pascal und Pierre de Fermat beschäftigten sich mit folgendem Problem, auf das sie Chevalier de Meré hingewiesen hat:
Worauf sollte man lieber wetten,
auf mindestens eine 6 beim 4-fachen Würfeln mit einem Würfel W6 oder
auf mindestens einen 6-er-Pasch (2 Sechsen) beim 24-fachen Würfeln mit 2
Würfeln W6?
Berechnung der Wahrscheinlichkeiten:
2. Die Wahrscheinlichkeit von Würfelsummen beim Würfeln mit mehreren Würfeln.
Bei vielen historischen Aufgaben wird nach der Wahrscheinlichkeit
gefragt, mit der sich eine bestimmte Würfelsumme beim mehrfachen Würfeln
ergibt.
Hier eine kleine Auswahl, die mit den Namen Galilei, Leibniz und
D'Alembert verknüpft sind:
Aufgabe 1:
Beim Würfeln mit 2 Würfeln W6 ergeben sich die Summen 11 und 12 aus den
Würfelzahlen 5+6=11 und 6+6=12.
Die Summe 7 ergibt sich dagegen aus den 3 Kombinationen 1+6=2+5=3+4=7
Man könnte daraus schließen, dass die Wahrscheinlichkeiten für die Summe
11 und die Summe 12 gleich sind (jeweils eine Ziffernkombination) und dass
die Summe 7 dreimal so häufig vorkommt.
Warum ist diese Vermutung falsch?
Aufgabe 2:
Würfelt man mit 3 Würfeln W6, so ergibt sich die Augensumme 11 aus den 6
Kombinationen 1+4+6, 1+5+5, 2+3+6, 2+4+5, 3+3+5, 3+4+4.
Die Augensumme 12 ergibt sich ebenfalls aus 6 Kombinationen: 1+5+6, 2+4+6,
2+5+5, 3+3+6, 3+4+5, 4+4+4.
Sind die beiden Augensummen deshalb gleich wahrscheinlich?
Aufgabe 3:
Wie Aufgabe 2, nur mit den Würfelsummen 9 und 10:
9=1+2+6=1+3+5=1+4+4=2+2+5=2+3+4=3+3+3
10=1+3+6=1+4+5=2+2+6=2+3+5=2+4+4=3+3+4
Lösung:
Aufgabe1:
Jeder Würfel kann 6 verschiedene Zahlen zeigen, es gibt also 6∙6=36
verschiedene Ergebnisse.
Für die Summe 12 müssen beide Würfel die 6 zeigen. Also nur eines der 36
verschiedenen Ergebnisse ist richtig.
Für die Summe 11 muss entweder der Würfel A die 5 und der Würfel B die 6
zeigen oder aber der Würfel A die 6 und der Würfel B die 5.
Es sind also 2 der 36 verschiedenen Ergebnisse ist richtig.
Für die Summe 7 muss man entsprechend die folgenden Ergebnisse
berücksichtigen. Vor dem Pluszeichen steht das Ergebnis des Würfels A und
hinter dem Pluszeichen das Ergebnis des Würfels B:
1+6 = 6+1 = 2+5 = 5+2 = 3+4 = 4+3 = 7
Es gibt also 6 verschiedene Würfelergebnisse, die zur Augensumme 7 führen.
Damit ergeben sich folgende Wahrscheinlichkeiten:
Die Augensumme 11 sollte also doppelt so oft vorkommen wie die Augensumme
12.
Die Augensumme 7 sollte 6-mal so häufig vorkommen wie die Augensumme 12.
Aufgabe 2:
Die Lösung ergibt sich analog zu Aufgabe 1.
Sind alle 3 Würfelzahlen gleich, so wird das Ergebnis (z. B. 4+4+4 = 12)
nur einmal berücksichtigt.
Sind 2 Würfelzahlen gleich, so gibt es 3 zu berücksichtigende Ergebnisse
(z. B. 1+5+5 = 5+1+5 = 5+5+1 = 11).
Sind alle Würfelzahlen verschieden, so gibt es 6 zu berücksichtigende
Ergebnisse (z. B. 1+5+6 = 1+6+5 = 5+1+6 = 5+5+1 = 6+1+5 = 6+5+1 = 12).
Beim dreifachen Wurf gibt es 6∙6∙6=216 verschiedene Ergebnisse.
Die Augensumme 11 ergibt sich also in (siehe oben) 6+3+6+6+3+3=27 von 216
Fällen.
Die Augensumme 12 ergibt sich also in (siehe oben) 6+6+3+3+6+1=25 von 216
Fällen.
Damit ergeben sich folgende Wahrscheinlichkeiten:
Die Augensumme 11 kommt also häufiger vor als die Augensumme 12.
Aufgabe 3:
Analog zur Aufgabe 2 ergibt sich:
Die Augensumme 9 ergibt sich also in (siehe oben) 6+6+3+3+6+1=25 von 216
Fällen.
Die Augensumme 10 ergibt sich also in (siehe oben) 6+6+3+6+3+3=27 von 216
Fällen.
Damit ergeben sich folgende Wahrscheinlichkeiten:
Die Augensumme 10 kommt also häufiger vor als die Augensumme 9.
Das Programm Wuerfelsummen.jar
simuliert das Würfeln mit 2 bis 8 Würfeln.
Es werden die Würfelsummen ermittelt und als absolute und relative
Häufigkeit angegeben und zusätzlich graphisch dargestellt.
Auch die theoretisch ermittelten Werte werden als Zahlenwert und als Gaph
angezeigt.
Zwei Screenshots zum Programm:
3. Das Ziegenproblem
In einer Spielshow kann ein Teilnehmer ein Auto
gewinnen. Hinter einer von 3 geschlossenen Türen befindet sich der Preis.
Hinter den beiden anderen Türen stehen Ziegen (daher der Name), die
"Niete" bedeuten.
Der Kandidat wählt zunächst eine Tür. Darauf öffnet der Spielleiter eine
andere Tür, hinter der sich eine Ziege befindet. Darauf darf der Kandidat
seine Auswahl noch einmal ändern. Wird durch das Ändern der Auswahl die
Chance für einen Gewinn verbessert oder verschlechtert oder bleibt die
Gewinnchance gleich?
Dieses Problem wurde in den letzten Jahrzehnten teils heftig diskutiert (siehe z. B. Wikipedia-Artikel).
Lösung:
Bei der ersten Wahl des Kandidaten besteht die Wahrscheinlichkeit 1/3 für
einen Gewinn, weil bei 1 Auto und 2 Ziegen hinter drei Türen die
Gewinnwahrscheinlichkeit für jede Tür gleich ist.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Auto hinter den beiden nicht
gewählten Türen befindet, ist also 2/3.
Da der Spielleiter eine dieser beiden Türen öffnet und zeigt, dass sich
hinter der Tür eine Ziege befindet, gilt die Gewinnwahrscheinlichkeit von
2/3 also nun allein für die verbleibende Tür.
Es ist also sinnvoll, die Auswahl zu ändern und die bisher nicht gewählte
verschlossene Tür zu wählen.
Das Programm Ziegenproblem.jar führt
Simulationen durch, die das Gewinnspiel nachahmen.
Angezeigt werden jeweils (von links nach rechts) die Anordnung des
Autos(A) und der Ziegen(Z) hinter den Türen,
die Wahl (Nummer der Tür) des Kandidaten,
die Nummer der durch den Spielleiter geöffneten Tür
und das Ergebnis für 'kein Wechsel' bzw. 'mit Wechsel'.
Im rechten Bereich wird die Auswertung in absoluten und relativen Werten
angezeigt und durch zwei Graphen veranschaulicht.
Als Startbedingungen können die Anzahl der Versuche und die Verzögerung
(=Zeit zwischen 2 Versuchen in ms) eingegeben werden.
Screenshot des Programms:
4. Problem 1 aus "Tractatus de ratiociniis in aleae ludo" von Christian Huygens.
Zwei Spieler A und B würfeln mit zwei Würfeln.
Spieler A gewinnt, wenn er die Würfelsumme 6 wirft, Spieler B gewinnt bei
der Würfelsumme 7.
Spieler A fängt an und würfelt einmal. Falls er nicht gewinnt, hat Spieler
B 2-mal die Möglichkeit bei seinem Wurf zu gewinnen.
Danach würfelt Spieler A 2-mal. Das Spiel endet, wenn ein Spieler seine
Würfelsumme erreicht hat.
Reihenfolge der Spieler beim Würfeln: A B B A A B B A A ... Bis auf den
Anfang darf also jeder Spieler 2-mal würfeln, bevor der andere Spieler an
der Reihe ist.
5. Problem 2 aus "Tractatus de ratiociniis in aleae ludo" von Christian Huygens.
In einer Urne befinden sich 12 Kugeln, die durch
Berührung nicht zu unterscheiden sind. 4 Kugeln sind weiß und 8 Kugeln
sind schwarz gefärbt.
3 Spieler A, B und C ziehen abwechselnd zufällig je eine Kugel, ohne sie
wieder zurück zu legen. Der erste Spieler, der eine weiße Kugel gezogen
hat, gewinnt.
Die Spieler ziehen in alphabetischer Reihenfolge. Wie groß sind die
Wahrscheinlichkeiten für einen Gewinn für jeden der Spieler?
C:6. Problem 3 aus "Tractatus de ratiociniis in aleae ludo" von Christian Huygens.
Ein Kartenspiel besteht aus 40 Karten in den
Farben rot, gelb, grün, blau. Zu jeder Farbe gehören 10 Karten, die
jeweils durchnummeriert sind von 1 bis 10.
Spieler A zieht 4 Karten und wettet darauf, dass er von jeder Farbe eine
Karte zieht. Spieler B wettet dagegen.
Wie groß sind die Wahrscheinlichkeiten für einen Gewinn für jeden der
Spieler?
7. Problem 4 aus "Tractatus de ratiociniis in aleae ludo" von Christian Huygens.
In einer Urne befinden sich 12 Kugeln, die durch
Berührung nicht zu unterscheiden sind. 4 Kugeln sind weiß und 8 Kugeln
sind schwarz gefärbt.
Spieler A wettet mit Spieler B, dass er beim Ziehen von 7 Kugeln ohne
Zurücklegen genau 3 schwarze Kugeln erhält.
Gefragt ist die Wahrscheinlichkeit, mit der dieses Ereignis eintritt.
8. Problem 5 aus "Tractatus de ratiociniis in aleae ludo" von Christian Huygens.
Zwei Spieler A und B besitzen zu Beginn eines
Spieles jeweils 12 Münzen. Sie spielen mit 3 Würfeln.
Wenn die Würfelsumme 11 ist, gibt A eine Münze an B.
Wenn die Würfelsumme 14 ist, gibt B eine Münze an A.
Derjenige, der zuerst alle Münzen besitzt, gewinnt das Spiel.
Zu zeigen ist, dass sich die Gewinnchancen von A zu B wie 244.140.625 zu
282.429.536.481 verhalten.